Unsere Leidenschaften sind Phönixe
…durchschweifst das All, kehrst zu der Zelle Winkel, und ist doch alles nichts, doch nichts, doch nichts. (Omar Chajjam)
Wir stolpern von einer Sehnsucht in die nächste, ohne wahrzunehmen, dass jedes Verlangen nur die Fortführung unseres urtümlichen Begehrens ist. Die Ernüchterung folgt spätestens dann, wenn unsere Wünsche zur Realität werden. Denn sobald wir das vermeintlich Unerreichbare erlangt haben, schwindet auch schon wieder unsere Freude daran. Watzlawick beschreibt diesen tragischen Algorithmus wie folgt: „Nichts ist ernüchternder als eine erfüllte Hoffnung, und nichts trügerischer als eine versagte.“
So irren wir umher, immer auf der Suche nach dem undefinierbaren Etwas, dass unsere empfundene Leere zu füllen vermag. Aber Sehnsüchte sind tückisch. Denn „Unsere Leidenschaften sind wahre Phönixe. Wie der alte verbrennt, steigt der neue sogleich wieder aus der Asche hervor.“ (Goethe)
Wir nutzen den Lärm der Großstadt, um unserer eigenen Stille zu entfliehen. Und von unseren Alibi-Sehnsüchten getrieben, entfernen wir uns nur noch mehr von unserem ursprünglichen Ziel. Denn das, wonach wir uns wirklich sehnen, ist nicht auffindbar, da es nie weg und immer schon da war: Unser Selbst.
Diese Sache mit der Selbstliebe
Es würde mir nicht im Traum einfallen, einem Klub beizutreten, der bereit wäre, jemanden wie mich als Mitglied aufzunehmen (Groucho Marx)
Wir alle wollen lieben und geliebt werden. Und viele Menschen teilen die Ansicht, man müsse sich die Liebe erst verdienen, um diese kämpfen. Welch großer Fehleinschätzung wir doch unterliegen, wenn wir annehmen, dass unsere Person allein nicht ausreicht, um Liebe bedingungslos empfangen zu dürfen.
So kann es geschehen, dass die, die uns lieben, abgewertet werden. Denn mit dem Innenleben der Liebenden kann ja etwas nicht stimmen, da sie uns, die wir ja keine Liebe verdienen, lieben. So nimmt der Kreislauf der gegenseitigen Verletzungen immer weiter seinen Lauf.
Verbrennen musst du dich wollen in deiner eigenen Flamme: wie wolltest du neu werden, wenn du nicht erst Asche geworden bist! (Nietzsche, Also sprach Zarathustra)
Unserem wahren Selbst zu begegnen, bedeutet, sich ebenso den unangenehmen Gefühlen im Inneren zu stellen. Wir haben die Fähigkeit, aus Leiden zu lernen und somit den Kreislauf der Verletzungen zu durchbrechen. Wenn wir uns den schmerzhaften Gefühlen, unseren Ängsten stellen und versuchen diese zu verstehen, stärken wir unser Mitgefühl für uns und andere.
Wir erhalten die Möglichkeit, innerlich zu wachsen und unser Herz zu öffnen. „Ohne Leiden gäbe es kein Glück. Ohne Schlamm gäbe es keine einzige Lotosblüte.“ Und weiters ist laut Thich Nhat Hanh Glück ohne den Komponenten Verständnis, Liebe und Mitgefühl sowieso nicht möglich.
Wir haben alles, um glücklich zu sein
Alles ist gut. Alles. Der Mensch ist unglücklich, weil er nicht weiß, dass er glücklich ist. Nur deshalb. Das ist alles, alles! Wer das erkennt, der wird gleich glücklich sein, sofort, im selben Augenblick. (Dostojewski, Die Dämonen)
Wir verfügen über ausreichende Bedingungen, um hier und jetzt glücklich zu sein. Wir leben. Wir haben Familie, Freunde, Augen, Nasen, Ohren, Arme, Beine, ein warmes Bett zum Schlafen und vieles mehr. Alles was uns vielleicht fehlt, ist unser Bewusstsein dafür. Dankbarkeit – auch für die kleinen Dinge des Lebens – ist eine Tür zum Glück, in der Gegenwärtigkeit zu leben, Achtsamkeit zu üben sowie Mitgefühl für sich und andere aufzubringen eine weitere.
Teil 1: Unsere ewige Suche nach dem Glück
Teil 2: Unsere ewige Suche nache dem Glück