Zumindest versuche ich es. Wie war das nochmal, im Yoga Journal las ich doch genügend Artikel zu dem Thema „Pre- und Postnatal“ usw. Doch irgendwie sind mir wohl einige Punkte entgangen oder habe ich sie überlesen? Oder hat mich die Geburt doch zu viele Gehirnzellen gekostet?
Ein Beitrag von Yogawege-Bloggerin Ute Schneider
6 Monate und 20 Jahre älter
Ich bin Mutter eines zweijährigen Sohnes und in zwei Monaten soll mein zweites Kind zur Welt kommen. Ich befinde mich daher im 7. Monat und fühle mich, als ob ich in diesen 6 Monaten um 20 Jahre gealtert wäre. Gut, nach der Geburt verjüngt man wieder, aber auch erst, wenn das Baby so etwas wie einen Tag und Nacht Rhythmus verstanden hat. Danach heisst es, wieder fit zu werden. Postnatal Yoga soll helfen. Aber beginnen wir am Anfang… Prenatal heisst das Zauberwort…
Der Sonntag Abend Film…
Bei meiner ersten Schwangerschaft freute ich mich schon sehr auf das Yoga. Schon während meiner Yogalehrer-Ausbildung interessierte mich dieser Teil ganz besonders – wenngleich ich auch nicht erklären kann warum. Nach geduldigem Abwarten der ersten drei Monate, praktizierte ich dann meine erste Yogaeinheit zu Hause. Ich war sehr zufrieden, bis ich nach dem Sonntagsabend-Film feststellen musste, dass ich nicht mehr alleine aufstehen konnte. Mein Mann brachte mich ins Bett – natürlich nicht ohne mahnende Worte (ich war ja auch schon etwas schwerer…). Geschockt über meinen beleidigten Ischias (jetzt wusste auch ich endlich, was es mit diesem Ischias auf sich hat) erholte ich mich in ein paar Wochen. Doch der Wunsch nach Yoga war wieder da. Diesmal wollte ich auf Nummer sicher gehen und besorgte mir eine DVD. Warum ich damals keinen Kurs mit einer „echten“ Lehrerin besuchte? Ich würde die Gründe nennen, aber ich kann mich einfach nicht mehr daran erinnern (Stichwort: Geburt – Gehirnzellen).
Ruhe?
Doch die „Hebammen-DVD“ erwies sich ebenfalls als Reinfall. Nicht wie erwartet gab eine Hebamme die Anweisungen, sondern ein Mann (ob er eine Hebamme war, weiss ich nicht) ganz in weiss gekleidet. Das war mir dann doch zu befremdend…
Die Schwangerschaft schon weiter fortgeschritten beließ ich es bei meinen Erfahrungen und wollte mich somit besonders auf das Postnatal Yoga konzentrieren. Natürlich, wenn die Geburt vorbei war und ich wieder zu Hause war und Ruhe einkehrte. Nun bin ich zu Hause (seit gut 2 Jahren), aber Ruhe ist bis heute keine eingekehrt! Mein Sohn hält mich auf Trab – seit der ersten Minute. Mittlerweile bin ich es gewohnt, Asanas zu machen und im Hintergrund dabei „Backe backe Kuchen“ zu hören. Ich habe mich auch daran gewöhnt, dass meine Figur nicht mehr ganz die wurde, die sie war.
Es ist die schönste Zeit meines Lebens!
Ich habe mich auch damit abgefunden, dass ich Yoga nur mehr einmal in der Woche oder für ein paar Minuten abends machen kann. Das klingt alles sehr frustrierend nicht? Ist es aber nicht. Es ist die schönste Zeit meines Lebens. Es gibt nichts und niemanden, der mich glücklicher macht als mein Sohn bzw meine kleine Familie. Und plötzlich habe ich bemerkt, dass ich seit seiner Geburt eigentlich noch viel mehr Yoga praktiziere! Z.B. Yoga der Achtsamkeit: „Sieh mal, so eine schöne Blume“, „Schau, da fliegt ein Flugzeug“, „das ist aber ein hoher Baum“. Ich kann mich nicht erinnern, diese Dinge während meiner Berufszeit überhaupt wahrgenommen zu haben. Ich glaube, es gibt kaum einen Lebensabschnitt, in dem man mehr Zeit hat, seine Gedanken bewusst zu denken, als wenn das Kind Stunden im Kinderwagen schläft und man alleine spazieren geht.
Auch Karma Yoga nimmt nun einen großen Platz in meinem Leben ein: Als Mutter sorgt man rund um die Uhr für sein Kind. Eine gute Tat folgt der nächsten. Bhakti Yoga spielt ebenfalls eine große Rolle! Noch nie zuvor habe ich so viel gesungen und Geschichten erzählt – und ja, mit großer Hingabe! Somit zeigt sich, dass es Yoga in jeder Lebenslage gibt und nicht nur als Asanas, durchgeführt von durchtrainierten wunderschönen Müttern, die gerade erst entbunden haben (ich bewundere sie trotzdem noch immer…).
Der Weg ist das Ziel
Nun, somit noch kurz zurück zu meinem derzeitigen körperlichen Zustand… Ich besuche seit zwei Monaten einen wunderbaren Schwangeren-Yoga-Kurs mit einer „echten“ (!) Lehrerin! Meinem Ischias geht es nach dem Yoga bestens und ich bin motivierter denn je zuvor, nach meiner Babypause Yoga zu unterrichten. Natürlich ist mir klar, dass Baby Nr. 2 bald da ist und ich (körperlich) wieder von vorne anfangen muss. Doch ich bin zuversichtlich. Dinge verändern sich im Leben. Und wie heisst es so schön (und das nicht nur im Yoga)? Der Weg ist das Ziel!