Ein Date mit der Dusche
Bikram Yoga ist keine Aufreisszone. Trotz der knappen Outfits. Wenn es ein vorher/nachher Foto von mir geben würde! Nach 90 Minuten Bikram sitzt die Friseur eindeutig nicht mehr. Mein Kopf ist rot wie eine Tomate, ich fühle mich wie nach einem intensiven Saunagang und freue mich auf ein Date mit der Dusche.
Ich war vor einem Jahr schon einmal beim Bikram Yoga, und habe es in gemischter Erinnerung. Meine Haut war danach extrem trocken. Daher: trinken, trinken, trinken. Im Bikram Yoga Schottenring angekommen, erinnert mich Studiobesitzerin Tammy, mir Wasser mit in die Stunde zu nehmen. Das Studio ist schön, und unglaublich voll. Trotz – oder wegen – der Weihnachtsfeiertage?
Ich quetsche mich zwischen zwei Yogis – ein Heizstrahler über mir
Ich quetsche mich zwischen zwei Yogis. Mein Nachbar links will mit mir Platz tauschen – und erklärt mir netterweise nachher, dass jetzt genau über mir ein Heizstrahler ist. Und ihm dieser Platz zu heiß wäre. Das Publikum ist jung, ich schätze durchschnittlich Mitte 20. Es soll 38 Grad im Raum haben – ich schwitze schon vor der ersten Asana. Wir starten mit einer Atemübung im Stehen. Wir werden 26 Asanas machen, die jeweils 2 mal wiederholt werden plus zwei Atemübungen. Die Asanas wären relativ einfach, wäre da nicht die Sauna-Atmosphäre. Für mich wird diese Bikram-Stunde zu einer Übung in Achtsamkeit. Voller Konzentration auf mich selbst – besonders auf eine regelmäßige, tiefe Atmung.
Kurzer Check im Spiegel: mein Lächeln ist noch ausbaufähig
Der erste Teil der Stunde: viele Balance-Übungen im Stehen. Dabei immer schön einen Punkt fokussieren. Die Anleitung von Yogalehrerin Tammy hört sich an wie von Kassette – oder besser – CD: „Lock the knees!“…, “Push, push, push…“ immer wieder und wieder, wie ein Mantra.
Interessant ist, dass mein Körper einfach mitmacht, und meine Gedanken erstaunlich ruhig sind. Ich liebe es, wenn Yoga meine Gedankenflut beruhigt. Kurzer Check im Spiegel: mein Lächeln ist noch ausbaufähig. Eine der Regeln bei Bikram ist, dass man den Raum nicht verlassen soll. Tammy weist eine Teilnehmerin recht scharf darauf hin – mit der Bemerkung, dass sie nicht sehen kann, wenn es draussen jemandem nicht gut geht. Aha.
Durch die Wärme bin ich viel, viel dehnbarer, die Vorbeugen gehen wie geschmiert
Im 2. Teil der Stunde kommen Asanas im Sitzen und Liegen, mit Savasana zwischendurch. Das Savasana ist extrem kurz – ca. 30 Sekunden. Ich versuche, das Maximale rauszuholen: mein Puls rast. Tiiief und gleichmäßig atmen. Durch die Wärme bin ich viel, viel dehnbarer, die Vorbeugen gehen wie geschmiert. Abschließend machen wir zwei sehr schnelle Runden Kapalabhati. Mein durchtrainierter Nachbar rechts flucht leise irgendwas von wegen: „Die spinnt ja…!“
Was mir an der Stunde sehr gut gefallen hat: ich war gezwungen, bei mir zu bleiben – keine Gedanken wie „…was hat die für ein Outfit an an…“„…wie macht der die Asana…“, etc. Bikram ist fordernd und daher eine super Übung, um seine eigene Grenzen zu erkennen und einzuhalten. Durch die Hitze kommt man viel einfacher in die Asanas – und empfindet sie auch intensiver. Dagegen sind die mechanischen Ansagen etwas gewöhnungsbedürftig. Und man muss echt aufpassen, genug zu trinken. Auch die immer gleichen 24 Asanas würden mich langfristig etwas langweilen.
Nachtrag: Also 3x Bikram in einer Woche war zu viel. Ich bin mega-verkühlt. Tja, der Kontrast Saunaatmosphäre drinnen vs. Winter draußen…